Malina, Ingeborg Bachmann
“Zwischen Mann und Liebe ist eine Frau, zwischen Mann und Frau ist die Welt, zwischen Mann und Welt ist eine Mauer (Jacques Lacan)
Zwischen Malina und Ivan ist eine Frau….Ich denke aber, dass die Ich-Erzählerin, Malina und Ivan nur drei verschiedene Projektionen ein- und derselben Person sind! Man kann das “Ich” nur von seinen Rändern aus verstehen, sagt Wittgenstein, Heidegger wiederum betont, das jede/r die Wahl hat, real oder irreal zu sein, um real zu sein müsse man aber sich allerdings selbst erschaffen und nicht die Welt über sich bestimmen lassen. Auch um diese Themen kreist das Buch (ich denke, Bachmann hat sich näher mit Wittgenstein und Heidegger befasst).
Männiglich denkt, bei Malina handele es sich um eine Frau, gell?
Ich habe lange gezögert, “Malina” zu lesen, feministische Freundinnen erzählten zwar viel von der Bedeutung dieses Werkes, von seiner Schwere…Nun erwies sich die Lektüre aber als durchweg nützlich und bereichernd, auch wenn die Tyrannei der Männer darin (vor allem die des Vaters) durchaus einem Mord gleichkommt.
Bachmann ist Meisterin der Introspektion, die Gefühswelten und auch Traumata der Hauptperson sind genial formuliert, das ganze Buch ist quasi Poem, Märchen oder Traum. Wer einen Wienführer erwartet, wer irgendwas über Ivans Aussehen oder die Beschaffenheit des Stadtparks erwartet, ist fehl am Platz, auch wenn Rennweg, Cafe Central, das Sacher, die Ungarngasse oder das Burgtheater darin vorkommen. “Können sie mir sagen, wo die Ungarngasse ist?”, fragt die Hauptperson, in Sichtweite des Hauses Nr. 9… Die Innerlichkeit dagegen greift über auf die Aussenwelt (“das Telefon klingelte innig”).
Dieser Tage hat Peter Handke den Literatur-Nobelpreis erhalten. Auch er ist ja ein Meister der Introspektion (mit kleinen intellektuellen Fussnoten). Bachmann sorgsam chaotisch und Handke überlegt fühlend. Kann man das so sagen? Jedenfalls stehen sie hier für typisch weiblich und typisch männlich.
Spannend: beide in Kärnten geboren, beide mit Beziehung zum slawisch/ slowenischen, sie (recht) jung gestorben, er inzwischen in verdientem Alter…
Eine andere Polarität: Ingeborg Bachmann und Paul Celan (Celan ja irgendwie durch Malina geisternd). Diesmal sehr weit weg voneinander geboren: Celan in Czernowitz (erstmal weit die Donau runterfahren), Bachmann recht weit oben an der Donau. Beide trafen sich in Paris, wo sie auch versuchten, sich zu lieben. Celan jedoch im Wasser, Bachmann im Feuer umgekommen. Jetzt Wasser und Feuer in “Malina” aufsuchen! Paris jedenfalls kommt vor. Selbst ein französisches Lied. Soll ich’s singen? “Auprës de ma blonde, qu’il fait bon, fait bon, fait bon…” Ich stelle mir Bachmann immer blond vor.