Offener Brief an die israelische Botschaft
Nur auszugsweise einige Kommentare, die ähnlich in hundertfacher Weise im „Freitag so nachzulesen sind. Der Freitagsblogger Zelotti schrieb am 12.02.2010 um 18:12: “Der Zionismus ist rein ideologisch der Zwillingsbruder des nationaldeutschen Imperialismus, und genauso wie der fühlt er sich immer zu kurz gekommen.“ Der Freitagsblogger BOT schrieb am 14.02.2010 um 14:19: “Israel ist ein Staat, der systematisch Tausende von Menschen umbringt, obdachlos macht, Familien auseinanderreißt und bei Menschen, die nicht streben Traumata herbeiführt“. „Thinktankgirl“, die laut eigenen Angaben stolz wäre Felicia Langer zu sein, schrieb am 11.02.2010 um 20:20: “Was halten Sie davon, das heutige Israel und was noch von dem palästinensischen Pseudo-Staat übrig ist, zusammenzulegen und EINEN STAAT für beide Ethnien zu schafften, in dem beide Gruppen GLEICHBERECHTIGT zusammenleben können“. Ein „Fro“ publizierte ein Blog am 09.03.2010 um 18:53 mit der Aussage:“ … Jeder weiß es: Israel hat den Palästinensern ihr Land genommen. Sie sollten sich dafür, nach 60 Jahren Unrecht, bei den Palästinensern entschuldigen und es als natürlich anerkennen, dass so etwas zu einer aggressiven Gegenwehr führt – gerade sie müssten es eigentlich verstehen. Es gibt keinen Grund, weniger von Israel zu verlangen.“ Ein gewisser TomGard schrieb am 07.04.2010 um 11:55: “Systematisch codierst Du das in Deine Parteinahme für den Zionismus und die viehische Gewalttätigkeit seiner realen Vertreter…“ Zu den Vorkommnissen auf der Mavi Marmara schrieb eine Alien59 am 31.05.2010 um 12:11 im „Freitag“: „Die Angreifer haben sich aufgeführt wie Piraten und wundern sich, dass man sie nicht mit Küsschen begrüßt hat. Ich fass es nicht!“ Der Freitagsblogger „weinsztein„, laut eigenen Angaben TV-Journalist und WDR-Mitarbeiter, konnte in den Aussagen von Frau-Hecht-Galinsky, “Im Namen des Holocaust sollten wir eine Lehre daraus ziehen und uns gegen diesen Blockade-Siedlungs-Krieg und die Ausrottungspolitik des jüdischen Apartheid-Staates stellen“, am 07.03.2010 um 23:54 keinen Antisemitismus erkennen. Derselbe Freitagsblogger unterstellt am 15.07.2011 um 01:31 Innenminister Friedrich, den Salafisten-Prediger Pierre Vogel zu bezahlen, was die Freitagsbloggerin Rahab, laut eigenen Angaben eine Juristin aus Berlin, kurz zuvor am 12.07.2011 um 20:40 ebenfalls in den Raum stellte.
Im Februar 2010 versuchte beispielsweise der Blogger fidelche ein Gegengewicht zu den israelfeindlichen Kommentaren und Blogs herzustellen. Er stellte ein Blog über „Jean Améry und den ehrbaren Antisemitismus“ und ein Blog über „Slánský, Stalin und den linke Antisemitismus“ ein. In diesen beiden Blogs kam es zu über 750 Kommentaren, die aus meiner Sicht überwiegend von pathologischem Israelhass, wie bereits beschrieben, geprägt waren. Interessant in diesem Zusammenhang sind die hundertfachen, fast systematisch scheinenden, Beleidigungen die der „Pro-Israel-Blogger“ fidelche unter Duldung der Freitagsmoderation ertragen musste. Von „bezahlter Propaganda-Schreiberling“ über „rechtes Torpedo“ bis „Dr. Mengele / Eichmann“ reichten diese Beleidigungen. Der Blogger fidelche ließ sich trotz dieser systematischen Affronts in dem moderierten Forum zu keiner Gegenreaktion hinreißen. In seinem letzten Blog versuchte fidelche sich dem Thema verkürzte Kapitalismuskritik zu nähern. Mit den antisemitischen Aussagen von Proudhon, der falschen Unterscheidung von „gutem“ Produktionskapital und „bösem“ Finanzkapital, der entsprechenden Freigeld und Freilandtheorie von Silvio Gesell, versuchte er diese Diskussion anzustoßen. Dabei entpuppten sich einige der Israelgegner gar als Gesellianer, welche die sozialdarwinistische, völkische Menschenzucht von Silvio Gesell wörtlich – emanzipatorisch – empfanden. Weil fidelche in einem Kommentar schrieb, „Wer Begrifflichkeiten wie, „Hochzucht des Menschengeschlechts“, „Zuchtwahlrecht der Frauen“ oder „Erlösung von all dem Minderwertigen, mit dem die seit Jahrtausenden von Geld und Vorrecht geleitete Fehlzucht die Menschheit belastet hat“ um nur einige aufzuzählen, emanzipatorisch nennt, disqualifiziert sich, um es mal vorsichtig auszudrücken“, wurde er offensichtlich aus dem Freitagsforum ausgeschlossen. Scheinbar wollen die Israelgegner des „Freitags“ unter sich bleiben. Widerspruch wird kaum zugelassen im Forum für „echte Meinungsvielfalt“.
In puncto Israel wird im „Freitag“ scheinbar systematisch ein anderer, deutlich höherer Maßstab angelegt, als dies bei anderen Staaten der Fall ist. Ich bitte Sie darum, sich Ihr eigenes Bild zu machen. Diese, für mich unter Antisemitismus einzustufende Verhaltensweise muss meines Erachtens offen angesprochen werden. Um dies klar herauszustellen: Der Antizionismus des „Freitag“ ist nicht identisch mit dem Antizionismus der NPD und entsprechenden rechtsradikalen Medien. Im nicht mehr zeitgemäßen antiimperialistischen Weltbild dieser „Freitagslinken“ haben die Islamisten des Nahen Ostens, wie beispielsweise die Hamas scheinbar den Platz der Sowjetunion eingenommen, beide hatten schließlich denselben Feind, die USA und Israel. Die meist religiösen Israelgegner des „Freitag“ sind überwiegend im Namen des Friedens gegen den Staat Israel, zumindest hat es oft diesen Anschein. Dieser aus einer Friedenssehnsucht entstandene Antisemitismus ist kaum mit Paragraphen zu bekämpfen. So schwierig es erscheint, obwohl die Freitagsredaktion auf alle möglichen Anfragen diesbezüglich nicht reagierte, sollte meiner Ansicht immer wieder das Gespräch mit den Verantwortlichen gesucht werden. Vielleicht kann jemand aus der israelischen Botschaft der Freitagsredaktion oder dem Herausgeber des Blattes verständlich machen, dass der Staat Israel größtenteils aus Überlebenden des deutschen Holocaust und deren Nachfahren, sowie aus Opfern von Judenpogromen und deren Nachfahren besteht, dass der Staat Israel ein Zufluchtsort für alle Juden ist und dass die israelischen Regierungen und die israelische Bevölkerung aus Menschen besteht, deren größter Wunsch es ist, endlich in Frieden leben zu dürfen, was jedoch von großen Teilen der palästinensischen und arabischen Nachbarn seit der Staatsgründung Israels nicht akzeptiert wird.
Hoffnungsvoll und mit solidarischen Grüßen
Ihr Manfred Breitenberger