Zum Ukraine-Konflikt
+++Wir brauchen jetzt die Stimmen der Vernünftigen!+++
„Selten habe ich so viele, fast schon menschenfeindliche, psychotische und beleidigende Kommentare, auf Halbwissen basierende Belehrungen und laienhaft-unvollständige Analysen zum Ukrainekrieg gelesen, wie in den letzten Tagen, Wochen und Monaten.
Es scheint, als hätte sich die extremistische und entmenschlichte Diskussionsunkultur der Coronadebatten zu einem noch unberechenbar-pathologischerem Monster der kollektiven, sozialen Selbstbestätigung weiterentwickelt.
Der meist virtuelle Ukrainehype ist zum Kriegsfetisch einer lebens- und leidensunerfahrenen Kaste von vor Langeweile und Dekadenz getriebenen, intellektuellen Mittelschicht geworden, die sich selbstverliebt in ihrer ultimativen Lösungsborniertheit bestätigt und immer gefährlichere und weltfremderere Wettbewerbe um eine Steigerung ihrer Reizbefriedigung führt.
Angeführt wird sie von einem korrupten Schmierenspieler in der Rolle seines Lebens. Selenskij ist der Popstar einer Generation von Tatsachenverdrehern und Actionjunkies. Er genießt, sichtbar somnambul, seine weltweiten Auftritte vor den Parlamenten der Kriegsfunktionäre und Krisenprofiteure, die ihn instrumentalisieren, wie eine Marionette ihrer eigenen Interessen und er spricht ungefragt im Pluralis Majestatis, auch wenn er unsere Werte nicht verteidigt.
Er hat offenbar nur noch seinen tarngrünen Pulli und kann sich nicht mehr rasieren. Denn in Kiew gibt es keinen Rasierschaum mehr. Vielleicht sollten wir ihm den zuerst liefern. Sein Blick ist ernst und seine Worte mahnend. Immer geht es um alles oder nichts und nicht um entweder oder aber auch. Lieber dick aufgetragen. Pathos ist vogue und Pax ist oldschool. Widersprüchlichkeit ist nur das Problem der unnötig Hinterfragenden.
Was einst grün war, ist nun braun und regieren heißt nur noch auf Umfragen zu reagieren. Argumente verpuffen im Dunst des kakophonisch-martialischen Werterettungstrubels einer orientierungslosen Kasperclique. Das Urteil von Generälen zählt weniger, als die Behauptungen von Laien. Krieg wird zum Planspiel für Schreibtischhelden und Atombomben werden verharmlost zur Schreckschusswaffe für Angsthasen. Warum spricht niemand von den zahlreichen Propagandalügen des Westens von Nordstream 2 bis Gaspreisbremse? Die Ukraine ist dabei nur Mittel zum Zweck. Sonst würde man diesen Kampf zu allererst seit 2014 an der Front kämpfen und nicht vor dem Bildschirm, auf dem Sofa oder in den Foren der Meinungsnomenklatur im Jahre 2023.
So, wie bei vielen anderen Themen des aktuellen Zeitgeists auch, geht es eher nur noch um die Vehemenz, mit er man seine Anliegen zur Sprache bringt, um Gleichgesinnte zu Kampagnen der künstlichen Empörung zu rekrutieren, als um eine rationale Argumentation, bei der eine vernünftige Abwägung von Vor- und Nachteilen des eigenen Handelns erkennbar wären.
Wer nur lang und lautstark genug insistiert, der hat das moralische Recht zu handeln und wer dagegen ist, dass mit Waffen, egal welcher Herkunft, Menschen umgebracht werden, der befürwortet in dieser dümmlichen Diktion paradoxerweise den Krieg und wird zum versonnenen Narren und Anwalt des Bösen verklärt. Dabei sind die Verrückten schon längst mitten unter uns. Sie schreiben für Magazine, sie verfassen Kommentare und sie sitzen in jeder zweiten Talkshow und sprechen wie falsch programmierte Cyberborgs mit der Selbstgewissheit der eigenen Verblendung. Sie heissen, Melnyk, Hofreiter, Strack-Zimmermann, Scholz, Baerbock und Habeck.
Nur wer an der Spirale der Eskalation weiter dreht, indem er sich absurde und unbelegbare Argumente für seine verschrobene Lüsternheit an der eigenen Vernichtung zurechtlegt, ist nach dieser Ansicht, auf der Seite eines sich als Mehrheit gerierenden Meinungsproletariats, das sich zur Aufgabe gemacht zu haben scheint, herauszufinden, wie es sich anfühlt, starke Sprüche für eine falsche Idee von Richtig zu machen.
Es sind erschreckende Dokumente des Wahns von Wohnzimmerstrategen, die Argumentationen und pseudologische Fakten für ihr krankes Denken so lange wiederholen, bis sie selbst daran glauben.
Die Wahrheit ist und bleibt aber: Es gibt keine Rechtfertigung für Krieg und es gibt auch keine einzige Weisheit auf dieser Welt, die erklärt, warum es Sinn macht immer mehr Waffen zu verkaufen und sich in diesen sinnlosen Krieg hineinziehen zu lassen, in der Hoffnung, dass damit irgendein unsichtbares Unrecht auf dieser Welt zu beseitigen oder besiegen wäre. Wir brauchen dringend eine übergreifende, europäische Friedensinitiative, statt noch mehr Waffen! Die Kausalkette dieses Krieges reicht weiter zurück, als in den Februar 2022. Und wer diese Tatsache verdreht, sie leugnet oder die eigenen Anteile daran ignoriert, um sich die Argumente der Kriegsbefürworter zu eigen zu machen, der ist ein wahrer Anwalt des Todes.“
© Serdar Somuncu 2023
Fahrstunde
Direksiyon dersi
Turgutreis Akyarlar arasındaki yol müstakbel şoförler için ideal niteliklere sahip: arabayla karşılaşılabilecek bütün zorluklara sahip; büyük çukurlar, gevşek rögar kapakları, yolun çöken kısımları, su birikintileri, kafa karıştırıcı kavisler, sallanarak giden motosikletlerin üzerinde tüm bir aile, polis kontrolleri, yuvarlanan kayalar, çevirmeler, kubbe şeklinde köprüler, kasisler, plastik sandalye ya da abajurlarla güvenlik altına alınmış derin çukurlar, yanlış konumlandırılmış otobüs durakları, anayolda kum tepeleri, kontrol edilemez inşaat makinaları, ruhsuz işçiler, ürkek tavuklar, uyuyan köpekler, ezilmiş kirpiler, büyük meteorlar, deniz feneri gibi herhangi bir sürücünün dikkatini dağıtabilecek manzaralar, takımadalar, plajlar, oteller, her cinsten kötü giyimli turistler, cennetten çıkmışa benzer ışıklarıyla levhalar, gök gürültüsü ve şimşek, hortumlar, güneş tutulmaları, ay tutulmaları, depremler, volkanik patlamalar, dolu fırtınaları… Haydi! Al artık şu ehliyeti!
Driving lesson
The road from Turgutreis to Akyarlar offers ideal qualities for drivers to be: with the car one meets all possible difficulties – potholes, loose manhole covers, sunken parts of the street, floods, confusing twists, whole families on a swaying motorcycle, police-controls, rockfalls, diversions, domed bridges, speed bumps, deep holes secured by a plastic chair or a lampshade, wrongly placed bus-stations, sand-heaps on the roadway, uncontrollable construction-machines, spiritless workers, flushing chicken, sleeping dogs, smashed hedgehogs, huge meteorites, views distracting any driver like lighthouses, archipelagoes, beach settlements, hotels, poorly dressed tourists of all genders, signs in heaven like halos, thunder and lightning, tornadoes, solar eclipses, eclipses of the moon, earthquakes, volcanic eruptions, hailstorms…Come on! (Haydi!) do that driver’s licence!
Fahrstunde
Die Strasse von Turgutreis nach Akyarlar birgt ideale Voraussetzungen für Fahrschüler: mit dem Wagen werden Sie allen erdenklichen Schwierigkeiten und Tücken begegnen: Schlaglöchern, losen Kanaldeckeln, eingesunkenen Strassenpartien, Überschwemmungen, unübersichtlichen Kurven, ganzen schwankenden Familien auf einem Moped, Polizeikontrollen, Bergstürzen, Umleitungen, gewölbten Brücken, Rüttelschwellen, tiefen, mit einem Plastikstuhl gesicherten Löchern, am falschen Ort aufgebauten Bushaltestellen, Sandhaufen auf der Fahrbahn, unberechenbaren Baumaschinen, lustlosen Arbeitern, aufgescheuchten Hühnern und schlafenden Hunden (nicht schlafende Hunde wecken!), zermantschten Igeln, tonnenschweren Meteoriten, Aussichten, die den Fahrer vollkommen vom Strassengeschehen ablenken, wie Leuchtürmen, Archipeln, Strandhäusern, Hotelanlagen, leicht bekleideten Touristen aller Geschlechter, Himmelserscheinungen wie Halos, Gewitterblitzen, Sonnen- und Mondfinsternissen, dann Erdbeben, Tornados, Vulkanausbrüchen, Hagelschlägen… Frisch auf, den Führerschein gemacht!
Marlene Dietrich und die rechten Sektierer
Marlene Dietrich
Warum ich Marlene Dietrich auswӓhle? (Sie war ja mehr als die Hӓlfte ihres Lebens US-Staatsbürgerin – seit 1939). Ich bewundere sie vor allem wegen ihres unbedingten Widerstandes gegen das Naziregime, das sie von Anfang an konsequent zeigte, nach eigenen Worten fühlte sie einfach, was richtig war, sie, die nicht im eigentlichen Sinne die Zeitgeschichte intellektuell durchdringen konnte. Ich zӓhle sie daher – wie sie sich auch selbst – zu den Berlinerinnen. Manche heutige akademisch gebildete Holocaustrelativiererinnen könnten sich an ihr ein Beispiel nehmen. Zudem lebte sie, die schon 1930 – also vor mehr als achzig Jahren – Mӓnnerkleidung trug und damit den Frauen das Tragen etwa von Hosenanzügen vormachte (welche Frau trӓgt heute noch Rock – ausser in Bayreuth?), allen das Leben einer selbstbewussten und autonomen Frau vor. Sie liebte viele Menschen, Mӓnner und Frauen. Welche Schande für all die, die sich auch heute noch das Kopftuch aufzwingen lassen und Politmachos verehren!
Marlene wurde 1901 als Tochter eines Polizeioffiziers in Berlin geboren und auf den Namen Maria Magdalene getauft. Den Namen Marlene gab sie sich selbst. Nach kleineren Rollen – auch unter Max Reinhardts Regie – gelang ihr der schauspielerische Durchbruch als Lola Lola im “Blauen Engel”. Sie machte dabei “Ich bin von Kopf bis Fuss auf Liebe eingestellt” zum Welthit, sie, die eigentlich gar nicht singen konnte und trotzdem spӓter mit ihrem Sprechgesang auf weltweiten Tourneen Triumphe sammelte. Bald folgte sie dem Regisseur Josef von Sternberg nach Hollywood, wo sie unter den bedeutendsten Regisseuren drehte und bald zum Weltstar wurde. Im Zweiten Weltkrieg unterbrach sie ihre filmische Karriere jedoch, um sich ganz der Betreuung amerikanischer Truppen widmen zu können. Mit den Siegern zog sie in Deutschland ein, wurde einmal fast gefangengenommen, erlebte das Kriegsende im tschechischen Pilsen. Erstaunlich: noch lange wurde sie in der BRD als “Landesverrӓterin” wahrgenommen! Dazu passt, dass einem auf Youtube auch heute noch, wenn man ihr “Lili Marleen” wӓhlt, der “Marsch der Waffen-SS” als Alternative vorgeschlagen wird.
Als Marlene Dietrich 1975 in Australien von der Bühne stürzte, zog sie sich ganz ins Privatleben zurück, lebte noch lange Jahreş von ihrer Tochter betreut, in Paris, liess fast niemanden zu sich vor und stand nur durch das Telefon mit der Welt in Verbindung.
1992 starb Marlene Dietrich – offiziell – an Herz- und Nierenversagen. Marlene Dietrichs Sekretärin und Freundin Norma Bosquet, die sie in den letzten Wochen ihres Lebens fast täglich in ihrer Pariser Wohnung besuchte, erklärte, dass sich die Schauspielerin wahrscheinlich mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben genommen habe, nachdem sie zwei Tage zuvor einen Schlaganfall erlitten hatte.
In ihrer Heimat und ihrer Geburtsstadt Berlin wurde sie nur sehr zögerlich anerkannt. Das wundert mich nicht. Kenne ja so einige Berliner Bloggerinnen und Blogger, die selbst im Jahre 2021 noch den Mord an den Juden relativieren. Nein! Es sind keine rechten Sektierer! Sie nennen sich sogar “Linke”.
Major Tschitscherin und das Siebenstromland
Ein etwas phantastischer Blog mit (verbotenen) Allusionen auf Freitags-Community-Mitglieder…
…welcher mal wieder bei Marco in Turgutreis beginnt (Aber halt: muss erst Maike Hank fragen, ob ich Namen erwähnen darf, wenn nicht, müsst ihr mich halt sperren und dann sehen, wer über Pynchon schreibt…. ) (Da fällt mir ne Story zu Maike ein: darf ich? Sie hatte jüngst Besuch von ihrem Onkel Tom Hanks aus den Staaten. Dieser war (er hat Flugangst) mit dem Ozeandampfer “Jakob Augstein” gekommen, hatte sich aber zu weit über die Reling gebeugt und dabei aus seinem Namen ein “s” verloren…. Inzwischen hat er es gottseidank auf der Rückreise wiedergefunden (naja, GPS))
Also ich sitze bei Marco und denke über die jüngste Pynchon’sche Phantasmagorie nach. Die Sonne scheint sehr warm, aus dem Lautsprecher tönt ein Weihnachtslied, aber in der Form einer schottischen Quadrille mit Dudelsack: O Jesu parvule-he-he, nach dir ist mir so we-he-he! (Christian Berlin!) Wirklich ein wunderbares Buch!! Eben dieses Lied kam ja auch schon im ersten Kapitel vor! Aus den Augenwinkeln lese ich – mit ungelenken Grossbuchstaben rosa auf eine schwarze Tafel geschrieben:
MARCOS
BREAKFAST
MAİN MEALS
SNACKS
DRINKS
BEER
WINES
(und denke – na logo, an weinsztein)
Also hier ein Überblick über die Chose (Seiten 529-562)
Der Mann mit dem vogelzwitscherigen Namen Tschitscherin und dem Vornamen Wjatscheslaw ist der feste Freund Gelis und der mythische Halbbruder Enzians. Ich habe ihn kurzerhand befördert, obwohl er eigentlich Hauptmann ist. Vor all diesen Verschlingungen finden wir ihn in einer Bärenecke drunten im Siebenstromland (obs da auch Pandabären gibt, poor?)
Das Siebenstromland kasach. Жетысу/Schetysu, kirgis. Джетисуу/Dschetisuu; (russ. Семиречье/Semiretschje) ist eine Landschaft in Zentralasien.
Es ist eine von den Bergketten des nördlichen Tianshan und des Dsungarischen Alataus zum Balchasch-, Sassykköl– und Alaköl-See geneigte Abdachungsebene. Sie ist benannt nach den sieben Hauptflüssen Ili, Qaratal, Bien, Aksu, Lepsy, Baskan und Sarkand.
Politisch gehört das Siebenstromland heute größtenteils zu Kasachstan, die südlichen und südöstlichen Randgebiete zu Kirgisistan und der chinesischen Autonomen Region Xinjiang.
An das südliche Flachufer des Balchaschsees schließen sich breite Sandwüsten (Taukum, Sary-ischikotrau, Ljukkum) an, die von zahlreichen Trockentälern (Bakanas) durchzogen sind. Das im Wesentlichen mit Wüstenvegetation bedeckte Siebenstromland wird als Winterweide genutzt, nur im Nordwesten, im Bereich des wasserreichen Ili, wird Bewässerungsfeldbau betrieben. Die Vorgebirge sind bis in 2.000 Meter Höhe von lichtem Laubwald, darüber von Nadelwald bedeckt.
Wegen des Namens etwas zur Zahl sieben: Sowohl Rom als auch İstanbul sind auf sieben Hügeln erbaut. Städte, die etwas auf sich halten, legen sich deshalb diesen Mythos auch zu (zum Beispiel Amman, Alien59!)). Sieben Strassen (also lange nicht alle) führen nach Rom. Sieben Tage hat die Woche. Die sieben Schwaben und ihre unglücklichen Streiche kommen zwar aus der Sage, leben aber bis heute fort. Der Siebenschläfer steht sehr spät erst auf. Die Alten kannten sieben Planeten. Ein besonders listiger, kühner und mutiger Mensch ist in der Schweiz ein „Siebensiech“ (Dem Ausdruck haftet Bewunderung an).
Aber sieben Flüsse? Für mich was neues. Sie münden alle in den abflusslosen Balkasch-See. Trotz des reichlichen Wassers aus den hohen Bergen ist das Siebenstromland fast Wüste, bestenfalls Weideland. Eine wunderbare Umgebung für, na, zum Beispiel Pferde, alle Arten von Vieh, also auch für Nomaden (Hibou!). Die Seidenstrasse führte nur ganz am Rande vorbei.
Der grösste Fluss ist der Ili (die Ili? Ich hab ne Freundin Ilona, genannt Ili, aber sie kam aus Krasnodar, was uns ja viel näher als Kasachstan ist (frag Krem-Browning). In allen Quellen (sic!) wird der Ili als „wasserreich“ beschrieben. (schmückendes Beiwort, Epitheton ornans, Oranier!). Er kommt vom Lande der Uiguren hinuntergeflossen. Also wenn wir Türken net daher stammen, so kamen wir jedenfalls da runtergeritten…. Die Ecke wird als ein Land des Schweigens (Kalle Wirsch) beschrieben. Ist das aber net ein Widerspruch zu den lauten Türken? (Eben hält gegenüber vom Marco ein Auto an, etwa neun Leute steigen aus und fangen alle gleichzeitig an zu reden). Ich habs! Die Türken nahmen die Redseligkeit mit und liessen nur das Schweigen zurück!!
Break: hier ne gute und ne schlechte Nachricht: Ein (dickes) Buch liest sich viel leichter (Magda!), wenn man sich selbst zuvor eine Aufgabe stellt, etwa: wo und wie und warum werden in dem Roman Pferde erwähnt?, oder: auf welcher Seite steht das Wort „Eibe“, na, irgendwas, was weiss ich, gebrauchte Sex-Heftchen (Michael Angele) oder so…. Nu aber die schlechte Nachricht: wegen Komplexität muss man, so scheint mir, dieses Buch mindestens zweimal lesen, sonst bleibt einem vieles Schwarzkommando….
Zur Sache: Tschitscherin (Major) wird in der frühen Stalin-Zeit wegen Drogenhandels oder so, von Baku nach dem Siebenstromland versetzt, dort wird er er mit zwei Russinnen, der ernsten Lehrerin Galina, und der symbiotisch mit ihr verbundenen Luba zu einem Dreigestirn der (russischen) Exilanten. Der georgische Alleinherrscher hatte nämlich die Losung „Seid-nett-zu-den-Nationalitäten“ ausgegeben (wie ja auch – wenn man ehrlich ist, die Russen in Afghanistan bisher die waren, die am meistenfür Fortschritt sorgten, gell, Liebling?), so dass auch Tschitscherins bester Freund und Weggefährte Džaqyp Qulan (die schreim da auch „q“, wie Rahab) – die beiden kommen mir wie Gilgamesch und Enkidu vor, wie sie da zusammen durchs Weideland reiten….- nun im Gegensatz zu seinem Vater, welcher bei den zaristischen Pogromen gegen Kirgisen, Usbeken und Sarten gelyncht wurde, seines Lebens sicher ist. (bei „Džaqyp“ handelt es sich offensichtlich um Jakob, und „Qulan“ oder Kulan ist ein Wildesel (von Pferdeartigen gleich mehr)). Die Russen sollen nun ein neues Alphabet, das WZK NTA (Wsesojusny Komitet Nowowo Tjurkskowo Alfawita – Komitee für ein neues, türkisches Alphabet – wobei „türkisch“ sich zugleich von kyrillisch wie auch arabisch absetzt – diese Völker sind ja alle islamischen Glaubens, gell, Muhabbetci?) einführen (aber wie kann man einem schweigenden Volk ein Alphabet beibringen? Oder wird man etwa durch Lesen und Schreiben redselig?). Jedem einzelnen Buchstaben sind mehrere Leute zugeteilt, Tschitscherin ist fürderhin für das „ƪ“ zuständig. Ich denke, es ist das ğ, das gutturale, das „yumuşak g“, im Gegensatz zum harten „g“ (mit dessen Zuständigen sich auch sogleich Kontroversen ergeben). Tschitscherin jedenfalls spricht das Wort „Stenographie“ ab sofort mit gutturalem „g“……..
Wir erfahren auf diesen wenigen Seiten auch den Grund der Versetzung vom heimeligen Baku ins unwirtliche Siebenstromland, wo man in den langen Wintern, in denen die Teegläser klebrig auf den Fensterbrettern stehen, Préférence spielt und höchstens vor die Tür geht, um zu pissen oder ein paar Schüsse auf überraschte Wölfe abzugeben. Tschitscherin hatte mit einem deutschen Kumpel (Glimpf? Wimpf? Pimpf?) an der Herstellung von Opiumpräparaten (zyklische Benzylisochinoline, Merdeister, Columbus!) gearbeitet. Die Aufgabenstellung war gewesen: wie stellt man ein Schmerzmittel her, das nicht süchtig macht? Sie erwies sich als unerfüllbar: denn je besser der Schmerz weggedrückt wird, desto mehr verlangt man von dem Stoff, gell?). Es war wohl zu ausserlaboratoralem Gebrauch gekommen. Kekulé der als erster die Benzolkette „erfand“ („Kekulés Traum“) und damit den Beginn des Plastikzeitalters ermöglichte, kommt ja auch in unserm Buch vor, so wie auch eben hier der Kohlestoff, buchstäblich und allegorisch. (Sowohl das Graphit in unserem Bleistift als auch die Briketts in Goedzaks Ofen als auch die Fahrerzelle des F1-Renners von Sebastian Vettel als auch die Diamanten um Dame-von-Welts Hals sind ja aus mehr oder weniger reinem Kohlenstoff!) Und auch hier in der äussersten Ecke Kasachstans wird der Kohlenstoff uns als wahrer Tausendsassa gegenwärtig (gell, Nemequitte, hm, Materie und Geist).
Wir erfahren auch, wieso der Herero Enzian und der Russe Tschitscherin Halbbrüder sind. Des Majors Vater hatte nämlich auf einem der russischen Kriegsschiffe, die im russisch-japanischen Krieg den ganzen langen Weg vom Baltikum nach Port Arthur (oder Wladiwostok?) dampften, Dienst getan. Er ertrank bei der verlorenen Seeschlacht bei Tsushima. Vorher aber hatte er bei einem Zwischenhalt im südwestafrikanischen Lüderitzbucht eine Hererofrau so nahe kennengelernt, dass er selbige mit einem Kind zurückliess, eben dem späteren „Enzian“, den es ebenfalls nach Nordhausen im Harz verschlagen sollte. Zuhause in St.Petersburg lernte der Säugling Wjatscheslaw inzwischen, sich vom Rücken auf den Bauch zu drehen…..
Nun aber zu den Pferden (die Russen haben bald als letzte noch ein Gefühl für sie). Sie sind wohl das untergründige Geheimthema, der running gag, dieser Exkurse. Allenthalben werden sie (zu)geritten oder zumindest erwähnt. Sogar Katharina die Grosse kommt vor.
Tschitscherin und Džaqyp Qulan sind, nach einem Hinweis aus einem dörflichen Gesangswettstreit, auf der Suche nach dem „Kirgisischen Licht“. Es ist quasi eine Imagination. Niemand vermag es unbeschadet zu sehen. Man stirbt davon oder erblindet. Auch Tschitscherin muss von Džaqyp gesundgepflegt werden.
Im Weiteren – ich weiss es noch nicht – kehrt der russische Geheimdienstoffizier bestimmt wieder nach Deutschland zurück. Das Hauptmotiv des Buches bleibt doch die Rakete (die mit blendend hellem Blitzen erscheint)
Was für einen Stil hat dieser Pynchon! Immer wieder kommt es zwischen Technik und Sex nein, auch BEI Technik und Sex („Sein Penis wurde von etwas umschlossen, was wärmer war als seine Faust“) zu solchen Sätzen: (Hört zu, wenn ihr schon net lest)
„Es war ein Land des besoffenen Heimwehs nach Städten, der Stille kirgisischer Ritte und des pausenlosen Bebens der Erde…“
„Das grosse Schweigen des Landes ist noch nicht alphabetisiert, wird es vielleicht niemals werden.“
„Sass er wirklich in diesem schmuddeligen Hinterzimmer, hörte die Liftkabel ächzen und gegen die dünne Mauer schlagen, und, von der Strasse herauf selten genug, ihm etwas beizumessen, das Peitschenknallen und Hufeklappern einer Droschke auf den alten schwarzen Pflastersteinen?“
„Wie alphabetisch ist doch die Natur der Moleküle, … auch sie können moduliert, getrennt, neu zusammengefügt, umgedeutet, eins an das andere mischpolymerisiert werden zu weltweiten Ketten, die nur hin und wieder an die Oberfläche des molekularen Schweigens treten, wie die sichtbaren Teile eines geknüpften Teppichs
“In the ancient tales it is told […] that a land far distant/Is the place of the Kirghiz Light. […] It comes as the Kirghiz Light–There is no other way to know It. […] The flash of Its light is blindness […] And a man cannot be the same/After seeing the Kirghiz Light. […] For the Kirghiz Light took my eyes/Now I sense all Earth like a baby. […] It is north, for a six-day ride […] And if you have passed without danger/The place of the black rock will find you. […] But if you would not be born/Then stay with your warm red fire […] And the Light will never find you, And your heart will grow heavy with age […]”
Menno. Meine ganzen Ausrufezeichen sind aufgebraucht. Und sorry, dass ich so viele nette und garstige Community-Loitz NET erwähnt hab( wie den Donnerstag, Anne Klatsche, Mat Dillon, Belle Hopes, Archie, Ed, Wolfram, Joachim, Hermanitou –aehm – naja und das ganze Rudel)
Die Hagia Sofia betreffend:
Nicht, dass das Thema mich besonders erschütterte, obwohl ich alte Gebaeude jeglicher Couleur sehr liebe und auch eifrig aufgesucht habe.
Alles in allem: „Schwaches Bild, Catilina!“
Malina, Ingeborg Bachmann
“Zwischen Mann und Liebe ist eine Frau, zwischen Mann und Frau ist die Welt, zwischen Mann und Welt ist eine Mauer (Jacques Lacan)
Zwischen Malina und Ivan ist eine Frau….Ich denke aber, dass die Ich-Erzählerin, Malina und Ivan nur drei verschiedene Projektionen ein- und derselben Person sind! Man kann das “Ich” nur von seinen Rändern aus verstehen, sagt Wittgenstein, Heidegger wiederum betont, das jede/r die Wahl hat, real oder irreal zu sein, um real zu sein müsse man aber sich allerdings selbst erschaffen und nicht die Welt über sich bestimmen lassen. Auch um diese Themen kreist das Buch (ich denke, Bachmann hat sich näher mit Wittgenstein und Heidegger befasst).
Männiglich denkt, bei Malina handele es sich um eine Frau, gell?
Ich habe lange gezögert, “Malina” zu lesen, feministische Freundinnen erzählten zwar viel von der Bedeutung dieses Werkes, von seiner Schwere…Nun erwies sich die Lektüre aber als durchweg nützlich und bereichernd, auch wenn die Tyrannei der Männer darin (vor allem die des Vaters) durchaus einem Mord gleichkommt.
Bachmann ist Meisterin der Introspektion, die Gefühswelten und auch Traumata der Hauptperson sind genial formuliert, das ganze Buch ist quasi Poem, Märchen oder Traum. Wer einen Wienführer erwartet, wer irgendwas über Ivans Aussehen oder die Beschaffenheit des Stadtparks erwartet, ist fehl am Platz, auch wenn Rennweg, Cafe Central, das Sacher, die Ungarngasse oder das Burgtheater darin vorkommen. “Können sie mir sagen, wo die Ungarngasse ist?”, fragt die Hauptperson, in Sichtweite des Hauses Nr. 9… Die Innerlichkeit dagegen greift über auf die Aussenwelt (“das Telefon klingelte innig”).
Dieser Tage hat Peter Handke den Literatur-Nobelpreis erhalten. Auch er ist ja ein Meister der Introspektion (mit kleinen intellektuellen Fussnoten). Bachmann sorgsam chaotisch und Handke überlegt fühlend. Kann man das so sagen? Jedenfalls stehen sie hier für typisch weiblich und typisch männlich.
Spannend: beide in Kärnten geboren, beide mit Beziehung zum slawisch/ slowenischen, sie (recht) jung gestorben, er inzwischen in verdientem Alter…
Eine andere Polarität: Ingeborg Bachmann und Paul Celan (Celan ja irgendwie durch Malina geisternd). Diesmal sehr weit weg voneinander geboren: Celan in Czernowitz (erstmal weit die Donau runterfahren), Bachmann recht weit oben an der Donau. Beide trafen sich in Paris, wo sie auch versuchten, sich zu lieben. Celan jedoch im Wasser, Bachmann im Feuer umgekommen. Jetzt Wasser und Feuer in “Malina” aufsuchen! Paris jedenfalls kommt vor. Selbst ein französisches Lied. Soll ich’s singen? “Auprës de ma blonde, qu’il fait bon, fait bon, fait bon…” Ich stelle mir Bachmann immer blond vor.
Länderquiz (nur Europa!
Welche gibt es gab es, gibt’s noch nicht?
Estland
Lettland
Livland
Moldawien
Syldavien
Belarus
Friaul
Slavonien
Mingrelien
Banat
Gagausien
Poldevien
Crna Gora
Krajina
Ukraine
Krainer Alpen
Transsylvanien
Siebenbürgen
Thurgau
Zehngerichtsbund
Melchtal
Memelland
Karelien
Appenzell
Karien
Pamphylien
Mazedonien
Tina Maze
Finis Terra
Bregaglia
Piemont
Wagrien
Absorbien
Myrmekohora
Ypern
Wendland
Lesbien
Schimansky
Trizonesien
Karawanken
Gazi Husref
Bessarabien
Bukowina
Tschetschenien
Bolo’Bolo
Tirol
Schwarzbubenland
Dithmarschen
Ossetien
Karelien
Gottschalk
Serbien
Zabaione
Vojvodina
Waldviertel
Krim
Terz
Tredeschin
Veltlin
Freiberge
Champs Elysees
San Marino
Silverstone
Abchasien
Mösien
Illyrien
Dalmatien
Benedetto Croce
Oberufer
Istrien
Uppland
Friesland
Metope
Hystrix
Galizien
Bosnien-Herzegowina
Armagheddon
Avalon
Aremorica
Nordzypern
Jalta
Pontus
Thessalien
Schamballa
Donegal
Nassau
Anatolien
France
Andalusien
Golf von Lyon
Katalepsis
Eminönü
Scrotum
Mala Fatra
Mähren
Sudeten
Kleinbonum
Elohim
Lake Emerson Palmer
Mark Brandenburg
Michael Stich
Sporaden
Dodekanes
Sternschanze
Zecken
Lukanien
Johanni
Matthäi
Na?
G-20 in Hamburg
(In der Hansestadt trafen sich die Führer der G-20 Laender, darunter Trump, Putin, Li, Erdogan, Zuma…) (Pfeffersaecke – Pfefferspray)
Die Berichterstattung über den G-20-Gipfel in Hamburg bringt mich echt auf die Palme. Aber fast noch mehr manche Kommentare auf Facebook. Da waltet mal wieder das gesunde Volksempfinden. Bravo! Links wollt ihr sein? Guckt doch „Brisant“…. Die pöhzen pöhzen Anarchisten! (wer kann zweifelsfrei sagen, dass da nicht Agents provocateurs am Werk waren?) Und die Guten dagegen!! (dabei sind das 20000 und mehr vermummte und gewaltbereite Polizisten!)
Die Leute, die zu Hause Wasserwerfer, Traenengas und Gummigeschosse einsetzen, die im Ausland und im eigenen Land bomben lassen, die sich nur durch Wahlfaelschung, Bestechung, Diebstahl, Verrat und Tücke an der Macht halten, werden hier mit Wasserwerfern, Traenengas und Gummigeschossen geschützt. Ihr denkt da nicht zuerst an Merkel, aber was ist mit Afghanistan etc.?
A.: Richtig! Genauso denke und empfinde ich auch, lieber Thomas! Und die blöden Kommentare hier auf FB von sogenannten Linken finde ich nicht lesenswert, geschweige denn, dass ich mich darüber aufrege. Wie du es bestimmt auch weisst, gibt es im Türkischen ein Spruch: Jeder der einen Mund hat spricht (Ağzı olan konuşuyor). Erweitert kann man sagen: Jeder der tippen kann tippt.
B: Für meine Begriffe passiert nix Besonderes in Hamburg – damals, vor 30 Jahren, bei den Friedensdemos, war viel mehr los …
Thomas Kutzli: Eben. Und dazu kommt, dass die Medien ein sehr gewolltes Bild zeichnen. Klar sind Flaschen geflogen. Der Gerechtigkeitsmarsch in der Türkei ist da schon weiter. Aber stell Dir vor, Du würdest im Sommerkleid irgendwo in Hamburg auf der Strasse tanzen, vor Dir aber eine Wand von schwarzvermummten, gerüsteten, behelmten, gewaltbereiten Bereitschaftspolizisten. Würdest Du da nicht auch leicht aggressiv? Die Kommentatoren gegen die Demonstranten haben ja hier so schon Schaum vorm Mund und schmeissen mit „Idioten, Arschlöchern“ etc, um sich, wie würd‘ es denen da ergehen?
Terror: Sinnlos-dämliche Trauerrituale
Ein dauer-dämliches Staatsgetrauer angesichts sich häufender schrecklicher und sinnloser Gewalt durch Islamisten in Paris, London, Manchester, Madrid, Moskau und Berlin spielt sich seit Jahren in immer gleichen Akten ab:
Erster Akt: „Wir sind alle Charlie Hebdo, Madrilenen, Pariser, Berliner, Londoner oder Russen.“
Zweiter Akt: „Wir strahlen Eiffelturm, Brandenburger Tor oder den Big Ben in den jeweiligen Landesfarben des gerade von Terror betroffenen Landes an.“ – Mit Ausnahme der Russen. Die werden (anlässlich von Terroranschlägen in Moskau etc.) nicht bei uns illuminiert.
Dritter Akt: „Wir lassen uns unsere Freiheit nicht nehmen und gehen jetzt erst recht in Stadien und Rockkonzerte und demonstrieren damit, wie mutig wir gegen den Terror sind.“ – Gleichzeitig lassen wir uns Chips implantieren, sind für die totale Video-Überwachung, finden immer mehr Polizei auf den Strassen supertoll und glauben der BILD, dem Klaus Kleber, den Toten Hosen und dem Maiziere, dass wir frei…
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Der Absturz bei der NRW-Wahl war vorhersehbar – eine inhaltsleere SPD, die auf Hannelore Kraft als einzigem Plus setzte, verlor die Wahl gegen eine thematisch aufgestellte Opposition, die sich die von ihr selbst geschürte Angst der Bevölkerung vor Fremden und vor Kriminalität ebenso zum Thema machte wie die überall fehlschlagende Inklusion behinderter Kinder und die G8-Turbo-Gymnsasien.
Und so wurde in den diversen Talk-Runden anschliessend genüsslich darauf verwiesen, dass die SPD statt sozialer Gerechtigkeit doch lieber in das Scharfmacherlager der Bürgerrechts-Abbauer, Überwachungsfanatiker und Vorurteilsschürer wechseln sollte – mal davon abgesehen, dass ein Großteil der SPD-Funktionäre (besonders der Justizminister Maaß) dort schon lange mitmacht, ist das genau der falsche Weg, der als das von den Medien vorgegebene Thema nun aufzugreifen wäre.
Ein Großteil der Parteispitze hat sich bis dato schon lange mit einer Weiterführung der großen Koalition anrrangiert, sie haben dort alle ihre Pöstchen, Ämter und Bundesverdienstkreuze und sind sich nicht…
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Zeit für Selbstgerechtigkeit
Während Martin Schulz die „Zeit-für-Gerechtigkeit-Ära“ ausgerufen hat wird immer deutlicher, dass der neue Hoffnungsträger der Sozis alles Andere als ein Kämpfer für (Mit)menschlichkeit, Humanismus und Frieden in der Welt ist.
Vielmehr kann er sich rühmen, mit noch schlimmeren Formulierungen als der Bürgerrechteabbauminister de Maiziere aufwarten zu können. – So ging er gestern in der Frage von Abschiebungen afghanischer Flüchtlinge auf Distanz zum schleswig-holsteinischen SPD-Ministerpräsidenten Torsten Albig.
Dessen Haltung, dass das Küstenland vorerst keine Menschen mehr zurückschicke, weil die Lage in Afghanistan als zu unsicher eingeschätzt werde, sei sehr nobel: „Sie zeigt, dass er ein Mann ist, der geprägt ist von tiefer Humanität. Das ehrt ihn“, sagte Kanzlerkandidat Schulz am Dienstag bei einem Wahlkampfauftritt in Eckernförde. Die Bundes-SPD müsse jedoch beachten, welche innerstaatlichen Fluchtalternativen es am Hindukusch gebe.
„Innerstaatliche Fluchtalternativen“ – Das ist so ziemlich das Schlimmste, was ich bisher an Wortschöpfungen aus Kreisen der großen Koalition gehört habe. Wenn also…
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Stellungnahme zum Referendum in der Türkei am 16.4.:
Ich habe mit abgetimmt. Dreimal dürft ihr raten, was. Ich überlege, die nȁchsten Gelegenheiten zu boykottieren. Ein autoritȁres System wird man nie durch Wahlen beseitigen können. Auch dieses Referendum riecht nach Fȁlschung. 1. fiel es ȁusserst knapp aus. 2. wurden die Wahlregeln mitten im Prozess geȁndert. 3. liegen mir von vorhergehenden Gelegenheiten Beweise für Fȁlschungen vor, in diesem Fall werden sie wohl kaum ausgeblieben sein.
Meines Erachtens ist das Prȁsidialsystem abgelehnt worden, auch wenn das offizielle Ergebnis anders aussieht und die Herrschenden es gnadenlos ausnützen werden
Aber es braucht erst gar keine Fȁlschungen bei dieser vorangegangenen Kampagne. Die “Nein”-Sager wurden überall behindert. Auf allen Staatssendern und –medien wurde ununterbrochen zu “Ja” aufgefordert. Der Opposition wurde kaum Raum in TV und Medien gegeben. Alle Staatsgelder, Transportmittel, Reklameflȁchen, öffentlichen Plȁtze wurden der “Evet”-Kampagne vorbehalten. Es herrscht Krieg im eigenen Land und Ausnahmezustand. Im Osten sind über eine halbe Million Leute obdachlos, weil ihre Hȁuser zerstört wurden; sie konnten nicht abstimmen, weil dazu eine Adresse nachgewiesen werden muss.
War das Referendum demokratisch?
Zur Demokratie gehört nicht nur die Wahlurne, sondern auch unabhȁngige Information (Bildung wȁre wohl die beste Information), ein unabhȁngiges Justizsystem, eine gewisse Chancengleichheit und ein Abstimmen ohne Angst, Druck, Erpressung oder Zukunftssorgen. Bestechung darf schon überhaupt nicht sein.
Was davon war hier gegeben?
Unsere Provinz Muğla hat mit 69% mit “nein” gestimmt, die Kreisstadt Bodrum mit etwa 80%. Überhaupt hat die gesamte Küstenregion (bis auf die Schwarzmeerküste, aber davon gleich) das Prȁsidialsystem abgelehnt. Das ist eigentlich ein Phȁnomen. Was ist am Meer anders als im Innern Anatoliens? Macht Wasser intelligent?
Das Schwarze Meer (siehe Namen) stimmt traditionell rechts. Doch diesmal scherten die Provinzen Ardahan, Artvin und Zonguldak aus und stimmten mit “nein”. Die übrige Schwarzmeerküste ist ein Phȁnomen. Gerade eben kehrte unser Nachbar aus Tirebolu zurück und berichtete, es gȁbe dort weder Haselnüsse (traditionelles Hauptexportmittel) noch Wasser mehr….und trotzdem stimmen die für Tayyıp!
Nun zu Deutschland und Europa: die dortigen Türken waren bekanntlich wahlberechtigt. In Deutschland stimmten 62% mit “ja”, in den übrigen europȁischen Lȁndern sah es nicht viel anders aus.
Ich bin als (auch)Schweizer in der Heimat stimmberechtigt. Regelmȁssig bekomme ich Dokumente zugeschickt. Dort geht es etwa darum, ob im Dorf Barzheim vor dem Rössli eine Strassenlaterne aufgestellt werden soll. Das können aber selbst die Leute im Kantonshauptort Schaffhausen nicht beurteilen, geschweige denn die Genfer oder Basler…Die Gemeinde muss das wissen! Ich habe deshalb mit diesen Fernwahlen und –abstimmungen aufgehört. Kann diese Dinge von hier aus nicht beurteilen. Aber mit welchem Recht masst sich ein Türke aus Eimsbüttel an, darüber zu bestimmen, ob wir hier einen allmȁchtigen Prȁsidenten brauchen oder nicht? Taktlos ist das.